KERZENINNUNG
 Wir sorgen für Lichtblicke

Von der Zunft zur Innung

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Es kann angenommen werden, dass in der römischen Zeit kein Gewerbe für die Kerzenherstellung bestanden hat. Die Herstellung der Fackeln und Kerzen gehörte in der damaligen Zeit zur Landwirtschaft. Erst nach Einführung der christlichen Religion kam das Gewerbe der Kerzenherstellung zur Blüte.

1) Abraham a.S.Clara Etwas für Alle, Würzburg 1699 S. 614 ff. 

Dieses Zitat aus dem Jahre 1699 macht bewusst, wie alt das Wachszieherhandwerk ist. Erste Innungszusammenschlüsse gehen auf das Jahr 1061 in Frankreich und 1370 in München zurück und bereits 1645 gehörte das Wachszieherhandwerk zum "privilegierten Gewerbe" im Deutschen Reich.


Von Lichterziehern (Wachszieher) und Lebzeltern (Lebkuchenbäcker): Die Kirchen und Klöster waren im frühen Mittelalter die Hauptverbraucher von Wachskerzen und stellten sie auch zum größten Teil selbst her. In Essen ist um 1164 bereits ein klösterlicher Kerzenmacher nachweisbar.

Den Kirchen flossen im Mittelalter reichliche Mengen Wachs aufgrund der Wachszinsigkeit zu. Für die Kirchen stellten bis zum 13. Jahrhundert im Wesentlichen die Kirchenküster die Kerzen her. Dass die Küster auch Kerzenmacher für den Markthandel waren, geht beispielsweise aus dem Zunftstatut der Krämer von Münster aus den Jahr 1525 hervor.

Durch das Aufblühen der Städte im Mittelalter hat sich im 11. Jahrhundert das Kerzenmachergewerbe langsam und vereinzelt herausgebildet. Im 14. Jahrhundert wurde versucht, Kerzenmacher, Ölmüller und Seifenhersteller in einer Zunft zusammenzufassen. 1450 schieden die Kerzenmacher aufgrund eines Streites aus und bildeten eine selbständige Zunft, die bis zum 18. Jahrhundert erhalten blieb und eine wichtige Rolle spielte.

Zur Zeit Ludwig des Heiligen (1226-1270) scheint das Gewerbe sich sehr entwickelt zu haben. Später, im 13. / 14. Jahrhundert, wurde 26 Kerzenmachern das Monopol als Lehen übertragen. Für das 13. Jahrhundert sind in Köln Kerzenmacher nachweisbar. Im 14. Jahrhundert besaßen in Lübeck die Kerzenmacher feste Verkaufsbuden auf dem Markt. Im 16. Jahrhundert waren auch Apotheker Hersteller von Wachskerzen. Interessant in diesem Zusammenhang ist: In Ingolstadt verdiente im 16. Jahrhundert ein Schreiner 24 Pfennig Tagelohn, ein Pfund Fleisch kostete 4 Pfennig, ein Pfund Salz 1 Pfennig. Ein Pfund Wachs aber 40 Pfennig.

Es wird vermutet, dass an fürstlichen Höfen eigene Kerzenmacher beschäftigt waren. Für den schwedischen Hof wird das Jahr 1370 überliefert. Der Kerzenrohstoff für Seifensieder und Metzger war Talg. Lebzelter  und Metsieder brauchten Honig, die Wachszieher das Bienenwachs. Bereits für das Jahr 1293 ist in Schwetnitz , 1357 in Oppeln und 1358 in Frankfurt eine Lebzelterzunft nachweisbar. 




In Österreich werden im Jahre 1376 in Bettnau "Wechslerinnen" (Wachskerzler und Wachsweiber) erwähnt. "Die ehrenwerte Gesellschaft der Wachskerzenhersteller", 1358 in London gegründet, stand in der Rangordnung der bürgerlichen Gesellschaft an 10. Stelle. In der Schweiz des 14. und 15. Jahrhunderts waren die Gotteshauspfleger verpflichtet, die Kerzen zu beschaffen und an Ihrer Herstellung mitzuarbeiten. Das älteste Zeugnis für ein Kerzenmachergewerbe in München stammt offenbar aus dem Jahre 1662. In Ulm werden die Kerzenmacher und Seifensieder der Merzlerzunft (Metzger) zugerechnet.

1725 genehmigte der Rat der Stadt München eine Zunftverbindung der selbstständigen Handwerker des Seifensiedergewerbes und Kerzenherstellergewerbes. Durch den technischen und sozialen Umbruch Ende des 18. Jahrhunderts wird die Kerzenherstellung vom ganz allgemeinen Handwerk durch die ersten fabrikähnlichen Anlagen (z.B. 1786 in Heidelberg) abgelöst. 

Das 18. Jahrhundert liebte Kerzenschein - und ging besonders verschwenderisch damit um. Bei einem Hoffest in Dresden wurden zum Beispiel 14.000 Wachslichter verbraucht.



Befähigungsnachweis als Voraussetzung: Die heutigen Wachsziehereien entstanden aus der Lebzelterzunft, die im 19. Jahrhundert ein Doppelgewerbe (Wachszieherei - Lebzelterei) war. 

1908 wurde der kleine Befähigungsnachweis (Gesellenprüfung) als Voraussetzung zur Ausbildung von Lehrlingen, und 1935 der große Befähigungsnachweis (Meisterprüfung) als Voraussetzung zum selbstständigen Führen eines Handwerksbetriebes eingeführt. Dies geschah durch den politischen Einfluss der am Anfang des 20. Jahrhunderts gegründeten Handwerkskammern, um die hohe Qualität des deutschen Handwerks und seiner Ausbildungsleistungen zu gewährleisten.

So waren die Wachszieherhandwerksbetriebe bis 1933 nur im Süden von Bayern zu einem "Südbayerischen Wachszieherverband" zusammengeschlossen, dessen Vorstand Josef Maria Miller aus Augsburg war. Diesem Verband gehörten bereits Betriebe an, die bis heute in unserer Innung Mitglieder sind. Die Versammlungen des Verbandes fanden jährlich in München in der Gaststätte "Domhof" statt.

Das Gesellen-Prüfungs-Zeugnis von Chrisostomus Zengerle ausgestellt 1938


Zu Gast waren Geheimrat Gautsch von der Industriegruppe, der als die markanteste Persönlichkeit in der Zeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg unserer Branche zu gelten hat, und die Altmeister der Wachskunst Georg Brameshuber und Ebenböck. Im Münchener Stadtmuseum zeugen im "Ebenböckzimmer" Arbeiten von seinem handwerklich überragendem Können.

Aufgrund der sogenannten "Gleichschaltung" während des Naziregimes musste der "Südbayerische Wachszieherverband" aufgelöst werden und diese Handwerksbetriebe wurden den jeweiligen örtlichen Bäcker- und Konditorinnungen zwangsweise zugeordnet, da das Lebzelter- und Wachszieherhandwerk früher zusammengehört hatten.

Nach Ende des 2. Weltkriegs erfolgte bereits am 25. November 1945 die Gründung der "Schwäbischen Wachszieherinnung" durch Josef Maria Miller mit Sitz in Augsburg, der damals 14 Betriebe angehörten. Sebastian Wesely und Josef Fürst aus München nahmen Verbindung mit den übrigen Südbayerischen Kollegen auf und so konnte sich die "Schwäbische Wachszieherinnung" am 20. Mai 1946 in München zu einer "Südbayerischen Wachszieherinnung" erweitern.


Gründung der Innung: Im weiteren Verlauf wurde mit den nordbayerischen Kollegenfirmen Kontakt aufgenommen. Nach einem weiteren halben Jahr konnte am 25. November 1946 nach einer denkwürdigen und historischen Sitzung im "Thomasbräukeller" in München die "Bayerische Wachszieherinnung" mit Sitz in Augsburg, endgültig aus der Taufe gehoben werden. Damals gehörten der Innung 76 Herstellerbetriebe an.

In den ersten Jahren war es die zentrale Aufgabe der Innung, Rohstoffe für die Lichterherstellung zu beschaffen und diese gerecht zu verteilen. Paraffine, Gatsche, Hartwachse, Mineralöl und Testbenzin, sowie Terpentinöl für die Herstellung von Schuhcreme, die auch von vielen Wachszieherbetrieben in der Nachkriegszeit produziert wurde, mussten beigebracht werden.

Im Jahre 1983 erhielt die Bayerische Wachszieherinnung den Status einer "Bundesinnung"

Kerzenhersteller aus ganz Deutschland (Vollmitglieder) sowie aus Österreich und der Schweiz (Gastmitglieder) bilden heute die Innung. Mittlerweile gehören der Kerzeninnung auch Fördermitglieder an, die mit ihren hochwertigen Roh- und Hilfsstoffen unsere Betriebe beliefern.


Eine vollständige Mitgliederliste aus dem Gründungsjahr konnte leider nicht gefunden werden, jedoch ist bekannt, dass 1946 wie folgt gewählt wurde:


Gründungsfirmen die heute noch Mitglieder der Innung sind:  

Bader, Burgau   

Doblinger, Landshut

Fürst, München 

Glafey, Nürnberg,

Kopschitz, Rotthalmünster

Morsa Sallinger, Krumbach

Schenk, Würzburg

Steinhart, Krumbach

Wenzel, Aschaffenburg

Wesely, München

Wiedemann, Deggendorf




zum Obermeister:

Josef Maria Miller, Augsburg

zum stellvertret. Vizeobermeister:

Sebastian Wesely, München

zum Lehrlingswart:

Josef Fürst, München